Weisheitszähne können so problematisch sein, dass viele Zahnärzte ihre präventive Entfernung empfehlen. Es könnte jedoch sein, dass sie bald nicht mehr weggeworfen werden. Die Weisheitszähne, die jahrelang als unnötiger evolutionärer Überrest galten, könnten dank ihrer Fähigkeit, ein Element von unbestreitbarem therapeutischem Wert zu liefern, eine Schlüsselrolle in der regenerativen Medizin spielen.
In den meisten Fällen erfüllen diese Backenzähne keine erkennbare Funktion, außer dass sie Beschwerden verursachen. Jüngste Studien zeigen jedoch, dass ihr Pulpagewebe Stammzellen enthält, die sich in verschiedene Arten von menschlichem Gewebe, darunter Nervenzellen, Knorpel oder Knochen, verwandeln können.
Diese Entdeckung hat zu einem Umdenken hinsichtlich der Entfernung dieser Zähne geführt. Während sie traditionell aus präventiven Gründen entfernt wurden, können sie nun als Quelle für biologisches Material zur Behandlung von Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder chronischer Herzinsuffizienz genutzt werden.
Eine leicht zugängliche und wenig invasive Quelle
Das Verfahren zur Entnahme dieser Zahnstammzellen ist aufgrund seiner Zugänglichkeit besonders vielversprechend. Der Eingriff wird in der Regel in jungen Jahren durchgeführt, was eine höhere Lebensfähigkeit der Zellen und eine geringere Gewebeschädigung gewährleistet. Darüber hinaus kann die Entnahme in einer kontrollierten und sterilen Umgebung erfolgen.
Dieser Ansatz steht im Einklang mit einem wachsenden Trend in der personalisierten Medizin: der Lagerung eigener Zellen in spezialisierten Banken. Auf diese Weise werden sie für eine spätere Verwendung aufbewahrt, wenn der Patient eine Behandlung zur Geweberegeneration oder Funktionswiederherstellung benötigt.
Klinische Zentren, die diesen Service bereits anbieten, entnehmen, verarbeiten und lagern die Zellen unter strengen Bedingungen. So wird sichergestellt, dass die Patienten in Zukunft über kompatibles eigenes biologisches Material verfügen können, ohne auf externe Spender angewiesen zu sein.
Ein Wandel in der evolutionären Wahrnehmung
Über Jahrhunderte hinweg halfen die dritten Backenzähne unseren Vorfahren, harte Nahrung zu zerkleinern. Die Entwicklung der Ernährung hin zu weicheren Produkten hat jedoch die funktionelle Notwendigkeit dieser Zähne verringert. Gleichzeitig ist der menschliche Kiefer kleiner geworden, was zu einem Steckenbleiben der Backenzähne und damit zu Zahnproblemen führt.
Dieser Umstand führte zu einer allgemeinen Verbreitung ihrer Entfernung, vor allem in Europa und den Vereinigten Staaten, wo mehr als 80 % der Menschen sich diesem Eingriff unterziehen. Allerdings wies nur ein kleiner Teil dieser Fälle tatsächliche Erkrankungen auf.
Was früher als unnötige Belästigung galt, könnte nun zu einer strategischen Quelle für die Gesundheit werden. Das Gewebe der Weisheitszähne enthält nicht nur Stammzellen, sondern auch eine Vielzahl von Zelltypen, die in der Knochen-, Zahn- und Nervenregeneration eingesetzt werden können.