Sieben Kilometer nördlich von Aarhus, in der Ortschaft Lisbjerg in Dänemark, hat ein Team von Archäologen 30 Gräber aus der Wikingerzeit mit zahlreichen Gegenständen entdeckt, darunter Glasperlen, Münzen, Keramik, Scheren und vor allem eine außergewöhnliche Holzkiste mit Edelmetallverzierungen, die möglicherweise einer hochrangigen Frau gehörte.
Die Entdeckung reiht sich ein in eine Reihe früherer Funde in der Umgebung von Aarhus, das in der Wikingerzeit als Aros bekannt war und dessen Rolle als eines der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Zentren Skandinaviens bestätigt.
Diese Funde in Lisbjerg ergänzen andere bemerkenswerte Entdeckungen in der Umgebung von Aarhus. Zusammen zeichnen sie das Bild einer aristokratischen Elite, die mit der königlichen Macht verbunden und in das weitreichende und dynamische Netzwerk der Wikinger integriert war, erklärt Kasper H. Andersen, Historiker am Moesgaard Museum und Spezialist für diese Epoche.
Eine einzigartige Truhe und ihre Besitzerin
Das bedeutendste Fundstück ist eine etwa 32 × 32 Zentimeter große Truhe, die aus Eichenholz geschnitzt und an den Ecken und Seiten mit Beschlägen verstärkt ist, von denen einige Spuren einer Versilberung aufweisen.
Das aufwendige Schloss und die dekorativen Details – wie die fein angeordneten Nieten – deuten darauf hin, dass es sich nicht um einen Alltagsgegenstand handelte, sondern um einen wertvollen Besitz. Im Inneren fanden die Forscher eine 14 Zentimeter lange Schere, eine filigrane Silberperle (möglicherweise eine Brosche), eine Nadel und etwas, das wie ein mit Goldfäden verziertes Band aussieht.
Solche Truhen sind äußerst selten. Wir kennen nur eine ähnliche, die in Haldum, etwa 12 Kilometer von hier entfernt, gefunden wurde, erklärt das Team. Die Tatsache, dass sie luxuriöse persönliche Gegenstände enthält, verstärkt die Theorie, dass sie einer Frau von hohem Rang gehörte, die mit ihren wertvollsten Besitztümern begraben wurde. Die Truhe ist noch immer in den Erdblock eingebettet, in dem sie gefunden wurde, und wird derzeit mit Röntgenstrahlen untersucht, um ihre empfindliche Struktur nicht zu beschädigen.
Die Gräber, die Archäologen derzeit auf die Zeit zwischen 900 und 1000 n. Chr. datieren, weisen eine gewisse Vielfalt auf: Einige enthalten reichhaltige Grabbeigaben aus Metall und Perlen, während andere eher bescheiden sind – eine Diskrepanz, die auf soziale Unterschiede zwischen den Bestatteten hindeutet. Es könnte sich um eine mächtige Familie und ihre Bediensteten handeln, vermutet Andersen.
Die Fundstätte ist nicht isoliert, denn nur einen Kilometer entfernt befand sich ein herrschaftlicher Gutshof, der 1989 erstmals ausgegraben wurde und eine Fläche von 19.000 Quadratmetern – das entspricht zwei Hektar – einnahm und durch eine Palisade mit einem drei Meter breiten, nach Süden in Richtung Aros ausgerichteten monumentalen Eingang geschützt war. Die Verbindung zwischen dem Gehöft und der Stadt war klar: Ein Hauptweg verband beide Punkte und erleichterte den Transport von Gütern und Personen, fügt der Historiker hinzu.
Vorläufige Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Gräber heidnisch sind, also aus der Zeit vor der Christianisierung Dänemarks stammen und komplexe Bestattungsbräuche widerspiegeln. Die Toten wurden nicht nur mit ihren Habseligkeiten begraben, sondern diese Gegenstände zeugen auch von weitreichenden Handelsbeziehungen, betont Andersen. Münzen und Materialien wie Bernstein oder Gold weisen beispielsweise auf Verbindungen zu anderen Regionen Europas hin.
Der Fund bestätigt die Bedeutung der Region Aarhus im 9. und 10. Jahrhundert, als sie ein Zentrum für Handel und Politik war und Aros und seine Umgebung eine stratifizierte Gesellschaft beherbergten, in der die Eliten die Ressourcen kontrollierten und Einflussnetzwerke unterhielten. Die Präsenz so unterschiedlicher Gräber in der Nähe einer befestigten Farm lässt darauf schließen, dass Lisbjerg ein Ort der Macht und nicht nur ein einfaches Dorf war, schließt Andersen.