Die alten Römer glaubten, dass Obst, Linsen und Kräuter wie Basilikum giftig seien: Ihre Logik wird dich überraschen. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich unsere Vorstellung von gesunder Ernährung ebenso stark gewandelt wie die Zivilisationen selbst. Was heute als Salat mit frischem Obst, Hülsenfrüchten und Kräutern als Musterbeispiel für eine ausgewogene Ernährung gilt, hätte im alten Rom und Griechenland für Stirnrunzeln gesorgt, und das nicht nur wegen seiner Präsentation. Weit davon entfernt, diese Zutaten zu loben, sahen viele Ärzte der Antike in ihnen regelrechte Feinde der Gesundheit.
Wussten Sie, dass die alten Römer Ihre Lieblingsspeisen für giftig hielten? Das glaubten sie wirklich über Obst, Hülsenfrüchte und Kräuter (Christian Pérez)
Auf den ersten Blick mag das lächerlich erscheinen. Wie ist es möglich, dass Pfirsiche, Linsen oder sogar Basilikum, Lebensmittel, die in der heutigen Gastronomie so präsent und beliebt sind, in früheren Zeiten mit Misstrauen und sogar Angst betrachtet wurden? Um das zu verstehen, muss man sich in die damalige medizinische Logik vertiefen, die sich stark von der heutigen unterscheidet. In den Köpfen der alten Ärztewar nicht der Nährstoffgehalt, wie wir ihn heute verstehen, wichtig, sondern wie der Körper auf bestimmte physikalische Eigenschaften der Lebensmittel reagierte: ob sie heiß, kalt, trocken oder feucht waren. Diese Klassifizierung, die auf der Humoralpathologie basierte, war der Grundpfeiler der griechisch-römischen Medizin.
Obst: gefährliche Bomben für den inneren Verfall
Zu den verdächtigsten Lebensmitteln zählten Früchte, insbesondere solche, die weich, saftig oder schnell reif waren. Die Logik war scheinbar einfach: Wenn eine Frucht an der Luft schnell verdirbt und gärt, muss dies auch im Körper geschehen. Man glaubte, dass durch den Verzehr von Früchten wie Pfirsichen oder Feigen das Verdauungssystem mit „Fäulnis“ gefüllt werden könne, was zu Blähungen, Fieber oder langwierigen Krankheiten führe.
Diese Vorstellung war nicht nur ein einfacher Volksglaube. Große Persönlichkeiten der antiken Medizin, deren Abhandlungen das medizinische Denken über Jahrhunderte prägten, standen dem Verzehr von frischem Obst sehr skeptisch gegenüber, insbesondere in warmen Klimazonen oder nach körperlicher Anstrengung. Der Verzehr einer reifen Pfirsich nach einem heißen Bad galt beispielsweise fast als Selbstmord für den Verdauungstrakt. Obst konnte den Magen „zu sehr abkühlen”, die Gemütsverfassung beeinträchtigen und schwere Krankheiten auslösen.
Basilikum: ein Kraut mit tödlichem Ruf
Heute ist Basilikum die aromatische Seele italienischer Gerichte wie Pizza Margherita oder Pesto. In der Antike wurde dieses Kraut jedoch mit Krankheit, Wahnsinn und sogar der spontanen Entstehung giftiger Kreaturen in Verbindung gebracht. Allein schon das Trocknen in der Sonne konnte laut alten Texten Skorpione oder Würmer hervorbringen. Dies war kein vereinzelter oder sporadischer Glaube, sondern eine Ansicht, die von zahlreichen Ärzten und Apothekern der damaligen Zeit geteilt wurde.
Diese tiefsitzende Angst hatte ihre Wurzeln in der Theorie der Verwesung und den sichtbaren Auswirkungen der Fäulnis. Wenn eine Pflanze beim Verfall einen stechenden Geruch verströmte, deutete dies darauf hin, dass ihre inneren Eigenschaften instabil und gefährlich waren. Für eine medizinische Denkweise, die die Zeichen des Körpers und der Umwelt sorgfältig beobachtete, war diese sichtbare Veränderung ein greifbarer Beweis dafür, dass etwas nicht stimmte. Und wenn sie in der Lage war, selbst Kreaturen zu erschaffen, was konnte sie dann nicht auch im menschlichen Körper anrichten?
Linsen: bescheiden und verdächtig
Hülsenfrüchte nahmen in der Ernährungslehre der Antike eine zweideutige Stellung ein. In kleinen Mengen konnten sie akzeptabel sein. Ihr übermäßiger Verzehr – wie bei den Philosophen, die eine einfache, pflanzliche Ernährung predigten – führte jedoch zu ernsthaften medizinischen Warnungen. Linsen, Kichererbsen und Bohnen galten als Ursache für schwerwiegende Ungleichgewichte im Gemüt, insbesondere im Verdauungssystem und im Blut.
Ein Übermaß an Linsen beispielsweise konnte die Produktion von „schwarzer Galle”, einer der vier Körpersäfte, erhöhen, die mit Melancholie, Traurigkeit und geistiger Unausgeglichenheit in Verbindung gebracht wurde. Der Körper wurde schwerer, die Verdauung langsamer und die Stimmung düsterer. Darüber hinaus waren Hülsenfrüchte für ihre Fähigkeit bekannt, Blähungen zu verursachen, was als körperliches Zeichen für innere Verfall interpretiert wurde.
Eine für die damalige Zeit schlüssige Sichtweise
So absurd uns diese Denkweise über Lebensmittel heute auch erscheinen mag, sie hatte innerhalb des damaligen medizinischen Paradigmas ihre Logik. Das moderne Konzept von Nährstoffen, Vitaminen oder Bakterien gab es noch nicht, aber es wurde großer Wert auf die Auswirkungen der Umwelt und der Ernährung auf die Gesundheit gelegt. Die Ärzte der Antike waren sorgfältige Beobachter des Körpers, der Symptome und der Krankheitsmuster, auch wenn sie alles durch einen begrenzten symbolischen und empirischen Filter interpretierten.
Die Sorge um Fäulnis war in einer Welt ohne Kühlung, Antibiotika und mikrobiologisches Wissen völlig rational. Wenn etwas schnell verderben konnte, war es naheliegend, dass es auch dem Körper schaden konnte. Und wenn bestimmte Lebensmittel spürbare Veränderungen wie Blähungen, Unwohlsein oder Fieber verursachten, lag der Verdacht nahe, dass ihre innere Beschaffenheit problematisch war.
Über gesundheitliche Bedenken hinaus wurde die Ernährung jedoch auch zu einer moralischen und philosophischen Frage. Der übermäßige Verzehr von Obst konnte als Nachsicht, als Mangel an Selbstbeherrschung, als eine Form der Schwäche angesehen werden. In vielen philosophischen Schulen wurden einfache, trockene und wenig verarbeitete Lebensmittel bevorzugt, weil sie Mäßigung und Selbstbeherrschung förderten. Wer zu viel Melone oder Linsen aß, konnte nicht nur krank werden, sondern auch die Kontrolle über seine Leidenschaften verlieren.
Diese Verbindung zwischen Essen und Charakter blieb im Mittelalter und in der Renaissance stark erhalten und findet sich noch heute in einigen modernen Vorstellungen von „Entschlackungsdiäten” oder „Lebensmitteln, die die Seele reinigen” wieder.
Die kulinarische Vergangenheit wiederentdecken
Heute sind die meisten Ernährungsempfehlungen der alten Ärzte von der modernen Wissenschaft widerlegt worden, aber ihre Untersuchung sagt viel darüber aus, wie Gesellschaften den Körper, die Gesundheit und die Beziehung zur Umwelt interpretieren. Sie erinnert uns daran, dass Vorstellungen davon, was „natürlich” oder „gesund” ist, tief in der Kultur verwurzelt sind und sich im Laufe der Zeit radikal ändern können.
Interessanterweise sind viele der von den Menschen in der Antike verteufelten Lebensmittel – saftige Früchte, aromatische Kräuter, ballaststoffreiche Hülsenfrüchte – heute Grundpfeiler einer gesunden Ernährung. Vielleicht erscheinen unsere heutigen Ernährungsgewohnheiten in tausend Jahren genauso absurd. Die Geschichte, auch in der Küche, hält immer Überraschungen bereit.